Titel: Der Circle
Autor: Dave Eggers
Verlag:
Kiepenheuer & Witsch (KiWi-Verlag)
Seitenanzahl: 558
Seiten
Preis:
22,99€ (gebundene Ausgabe) / 10,99€ (Taschenbuch)
Klappentext
Huxleys »Schöne neue Welt« reloaded: Die 24-jährige Mae
Holland ist überglücklich. Sie hat einen Job ergattert in der hippsten Firma
der Welt, beim »Circle«, einem freundlichen Internetkonzern mit Sitz in
Kalifornien, der die Geschäftsfelder von Google, Apple, Facebook und Twitter
geschluckt hat, indem er alle Kunden mit einer einzigen Internetidentität
ausstattet, über die einfach alles abgewickelt werden kann. Mit dem Wegfall der
Anonymität im Netz – so ein Ziel der »drei Weisen«, die den Konzern leiten –
wird es keinen Schmutz mehr geben im Internet und auch keine Kriminalität. Mae
stürzt sich voller Begeisterung in diese schöne neue Welt mit ihren
lichtdurchfluteten Büros und High-Class-Restaurants, wo Sterneköche kostenlose
Mahlzeiten für die Mitarbeiter kreieren, wo internationale Popstars
Gratis-Konzerte geben und fast jeden Abend coole Partys gefeiert werden. Sie
wird zur Vorzeigemitarbeiterin und treibt den Wahn, alles müsse transparent
sein, auf die Spitze. Doch eine Begegnung mit einem mysteriösen Kollegen ändert
alles …
Mit seinem neuen Roman
»Der Circle« hat Dave Eggers ein packendes Buch über eine bestürzend nahe
Zukunft geschrieben, einen Thriller, der uns ganz neu über die Bedeutung von
Privatsphäre, Demokratie und Öffentlichkeit nachdenken und den Wunsch aufkommen
lässt, die Welt und das Netz mögen uns bitte manchmal vergessen.
Meine Meinung
Ein erschreckend realistischer Roman über Transparenz,
Überwachung und die Veröffentlichung privaten Eigentums durch den dominierenden
Internetkonzern „Der Circle“. Dave Eggers schreibt über die Gefahr von zu viel
Macht eines einzigen Unternehmens und dessen Ziel einer transparenten
Menschheit. Er zeigt eine beängstigend lebensnahe Zukunft, wie sich unsere
ständige virtuelle Teilnahme weiterentwickeln könnte.
Maebelline, Mae, Holland ist überglücklich als sie durch
die Hilfe ihrer besten Freundin die Chance erhält bei dem erfolgreichsten
Internetkonzern der Welt zu arbeiten – The Circle. Endlich muss sie ihre
Lebenszeit nicht mehr in ihrem Job bei den Strom- und Gaswerken verschwenden,
sondern kann Einfluss auf das Geschehen in der Welt nehmen und bekommt dazu
noch die zusätzlichen Bonusleistungen, die das Unternehmen bietet, präsentiert.
Es könnte nicht besser laufen, ein aufregender neuer Job, viele Freunde und
Partys. Bald schon erklimmt Mae begeistert die Karriereleiter, ist eine
Vorzeigemitarbeiterin und verfolgt mit großer Faszination den Vernetzungswahn
des Konzerns, ohne auch nur einmal dessen Forschungen zu hinterfragen. Als sie
dann auch noch zum Aushängeschild und Sprachrohr des Circles wird, passt sie
sich der Masse immer mehr an und die bedingungslose Loyalität gegenüber ihren
Arbeitgeber nimmt noch größere Ausmaße an.
Das Unternehmen wird von den „drei Weisen“ geführt und
auch repräsentiert. Tyler Alexander Gospodinov, bei allen aber nur als Ty
bekannt, wollte damals einfach nur falsche Identitäten durch das System
„TruYou“ aus dem Internet verbannen und hätte niemals mit dem rasanten Aufstieg
seines Unternehmens gerechnet. Später wurden dann noch Eamon Bailey und Tom
Stenton in die Firmenleitung geholt und seitdem beherrschen sie den Verkauf von
verschiedensten IT-Produkten und führen das erfolgreichste Unternehmen
weltweit. Innovationen wie Minikameras, Tracker oder neuartigen
Datenerfassungsmaschinen werden täglich beim Circle zur Realität gemacht und
treffen überall auf der Welt auf positives Feedback.
Die Handlung des Buches ist weitestgehend einfach nur
erschreckend, da sich so viele Parallelen zur Realität finden und auch dem
Einfluss auf die begeisterte Menge kaum
etwas entgegengesetzt werden kann. Man ist zuerst selbst einfach nur
fasziniert vom Circle und dessen Entwicklungen, doch diese perfekte-digitale-Hülle
bekommt schnell genug Risse. Immer mehr Erfindungen werden möglich gemacht,
immer neuere Ideen in die Tat umgesetzt und keinem fällt so wirklich auf wie
sehr die Privatsphäre dadurch gefährdet wird. Zum Beispiel die kleinen Kameras
die überall positioniert werden können übertragen laufend Live-Bilder, ohne
dass die Betroffen diese entdecken. Und so geht es immer einen Schritt weiter,
immer weiter auf die Transparenz jedes Einzelnen zu, also die Vollendung des
Circles. An manchen Stellen war es aber wirklich unlogisch, da wirklich absolut
keiner diese Technologien in Frage gestellt hat oder auch nur Kritik
eingeworfen hat. Es lag nicht mal daran, dass das Unternehmen seine Mitarbeiter
und Anhänger kontrolliert, sondern die Menschen sind wahrhaftig überzeugt von
dem Konzept des Circles und richtiggehend besessen von noch weiteren
Innovationen.
Architektur für eine geschlossene Welt: Entwurf für das
Amazon-Hauptquartier in Seattle (Quelle:http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/der-dritte-kreis-der-hoelle-dave-eggers-der-circle-im-vergleich-mit-huxley-und-orwell-13089429.html)
Wenn man auf die Charaktere zusprechen kommt, dann muss
ich leider sagen, dass die Protagonistin und die auch anderen Hauptcharaktere
mir allesamt zu flach und zu oberflächlich dargestellt waren. Keiner außer
Mercer, Mae´s Exfreund, konnte mich überzeugen, da sie mir irgendwie
charakterlos erschienen sind. Er war der Einzige, der über die Folgen
nachgedacht hat und sich weigerte Teil des Circles zu sein.
Der geheimnisvolle Kalden, auch ein wichtiger Charakter
in der Geschichte, war mir ein wenig zu wankelmütig und man konnte ihn nur
schwer einschätzen. Wirklich geheimnisvoll wirkte er auch nicht auf mich, aber
Mae ist natürlich sofort von ihm begeistert und fühlt sich von ihm angezogen,
was ich leider nicht so empfunden habe. Die ganze Zeit habe ich mich gefragt: „Will
er nun helfen? Oder ist er doch nur ein Spion?“ Trotzdem war ich am Ende doch
ziemlich geschockt darüber wer er wirklich ist, da ich das nicht hatte kommen
sehen.
Andere Charaktere wie die Circle-Kollegen gingen mir
die meiste Zeit nur auf die Nerven, weil sie so überempfindlich waren. „Wie du
hast meinen Zing nicht gelesen? Willst du mich etwa beleidigen?“ Ich hab mich
die meiste Zeit wie im Kindergarten gefühlt und nicht wie in einem
Weltklasse-Unternehmen voller hochintelligenter Mitarbeiter. Auch die
Firmenführung ist schon unnatürlich liebevoll gegenüber ihren Circlern und
wirkt meist schon gespielt überschwänglich. Aber auch die Sache mit Annie
Allerton, Mae´s bester Freundin, war mir zu überdramatisiert vorgekommen.
Zuerst war sie eine sehr direkte Persönlichkeit, die von allen geliebt und
bewundert wird, doch irgendwann wird sie zu einer zickigen, neidischen Furie,
die sich kurzerhand selbst zum Experiment macht. Mein Mitleid hat sich daher
wirklich in Grenzen gehalten.
Vor allem Mae als Protagonistin ist schon lächerlich
naiv und war mir von Anfang an wirklich unsympathisch. An manchen Stellen
konnte ich ihre Naivität kaum ertragen und hätte sie gerne mal geschüttelt und
aufgefordert darüber nachzudenken, dass dieser Eingriff in das Privatleben
falsch ist. Sie aber erkennt noch nicht mal die Gefahr als sie von mehreren
Leuten für ihre Ideen gewarnt und kritisiert wird. Sie hinterfragt es noch
nicht mal, sondern fügt sich nur noch mehr in die Gemeinschaft ein. Auch der
soziale Druck der auf sie ausgeübt wird, gibt ihr gar nicht zu denken. Sie soll
vielmehr partizipieren in dieser digitalen Welt und ihre Meinung immer offen
äußern, weil diese wichtig sei. Es ist fast wie eine Krankheit, die sich im
gesamten Circle, und überall auf der Welt verbreitet – immer online, immer
aktiv.
Zum Schreibstil von Dave Eggers kann man nur sagen,
dass er sehr passend war. Zwar anfangs etwas anspruchsvoller als erwartet, aber
mit der Zeit wurde es dann doch einfacher. Weder zu viele tiefgehende
Emotionen, noch ein erzwungenes Aufbauen von Spannung. Das alles hätte auch
nicht zu dem Roman gepasst. Allein durch die unaufhaltsame Entwicklung des
Circles wurde genug Spannung aufgebaut, die sich durch das ganze Buch zog. Das
Geschehene war definitiv schlüssig, auch wenn ich die Handlung der Charaktere meist
nicht nachvollziehen konnte, da klar ist, dass wenn niemand sich gegen die
Macht des Circles stellt, der Aufstieg unausweichlich ist.
Auffällig ist, dass Dave Eggers oft und gerne mit
Zahlen um sich wirft, egal ob es die Anzahl von Zings ist die Mae postet oder
das Ranking von Mae bei der Arbeit. Diese ständige Bewertung mit Zahlen
verdeutlicht auch nochmal, dass der Mensch nur noch als Zahl angesehen und
bewertet wird. Er hat aber auch oft Wiederholungen eingebaut, die mit der Zeit
das Buch nur noch fad und zäh gemacht haben. Maes Tagesablauf entsprach dem
davor, ihre Arbeit war die gleiche und man möchte eigentlich nur vorankommen.
Meiner Meinung nach hätte man das Buch auch um 100 Seiten kürzen können.
Das Ende hingegen konnte mich mit kontinuierlicher
Spannung voll und ganz überzeugen. Je näher sie dem Ziel kommen den Circle zu
schließen (=absolute Transparenz), desto dramatischer wird es. Auch die
Metapher mit dem Aquarium, welche erst gegen Ende wirklich auftaucht, ist
treffend und hat gut zur Entwicklung der Geschichte gepasst.
Meiner Meinung nach ist der Circle ein Buch, das man
gelesen haben sollte, da es wirklich zum Denken anregt. Mich haben während des
Lesens Fragen beschäftigt, die ich mir vorher nie wirklich gestellt hatte. Ist
unser Internetkonsum so ausgeprägt, dass wir wirklich jemals so blind werden
wie die Anhänger des Circles? Wie weit wird unsere Entwicklung noch
voranschreiten? Sollte ich in Zukunft wirklich noch so viel im Internet über
mich preisgeben? Was sollte ich überhaupt noch über das Internet abwickeln,
wenn alle Daten irgendwo, irgendwie gespeichert werden?
Ich bin wirklich geplättet von dem Ausmaß der Macht die
der Circle erreicht hat und das hat Dave Eggers auch wirklich gut
rübergebracht. Der Einstieg fiel mir, trotz des eher anspruchsvollen
Schreibstils sehr einfach und selbst mich als Leser konnte er schließlich von
seiner erschaffenen Welt fesseln, weil es so viele Parallelen zur heutigen Zeit
aufweist. Es ist zwar eine Dystopie die in der Zukunft spielt, aber mir kam es
vor, als wären es nur ein paar Jahre bis zu solch einer Entwicklung.
Leider hat er das Lesevergnügen durch eher flache
Charaktere gehemmt und die teilweise langatmigen Wiederholungen waren
irgendwann einfach zu viel. Trotzdem ist es ein sehr lesenswertes Buch, welches
interessante Überlegungen und Diskussionen aufwirft.
Fazit
Ein sehr spannendes Thema, das jeden Leser in
irgendeiner Art schon einmal beschäftigt hat. Die Umsetzung ist mehr als
gelungen, konnte aber nicht von den eher schwachen Charakteren ablenken. Auch
die Naivität der Menschheit ist einfach unglaubwürdig. Jeder sieht nur die
Vorteiler einer solchen Technologie, aber keiner kümmert sich um die
Nachteile? Das ist schlicht nicht
vorstellbar. Trotzdem ist das Buch fesselnd von der ersten Seite an und der
Circle fasziniert nicht nur Mae, sondern auch den Leser.
Ich würde trotz der Kritikpunkte empfehlen, dass
Buch zu kaufen, weil es wirklich sehr interessant war und mich als Leser ganz
von sich einnehmen konnte. Zuerst dachte ich zwar auch das Buch sei eher nichts
für mich, weil ich normalerweise kein Fan von Dystopien und Zukunftsszenarien
bin, doch trotzdem konnte mich die Geschichte von sich überzeugen und zum
Nachdenken anregen.
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